Bachelorarbeit Politik: Der US-Wahlkampf als Thema?

Während Studierende der Ingenieurwissenschaften sich meist spannenden technischen Themen widmen, so sind sie natürlich auf jeder WG-Party und jedem Cocktail-Abend klar im Nachteil: Die höchst technischen und komplexen Themen eignen sich nicht als Thema für Small Talk. Lediglich unter Gleichgesinnten kann man sich austauschen, aber sobald die Besucher der Party unterschiedliche Hintergründe haben, sind die Gesprächsthemen meist solche, zu denen alle Anwesenden eine Meinung haben. Das sind dann meist Themen aus der Tagespresse oder das aktuelle sportliche Geschehen. Inbesondere weltpolitisch gibt es ja aktuell eine große Anzahl an Themen. ISIS, Syrien, Flüchtlinge, US-Wahlkampf, Klimaverhandlungen in Paris: solche Diskussionen können auch oft höchst politisch werden. Studierende der Politikwissenschaften haben den Vorteil, dass sich ihr Studium genau mit solchen Themen befassen.

Ein besonders faszinierendes Thema ist aktuell der US-Wahlwahlkampf für die Präsidentschaftswahl 2016, bei der aktuell mehr als 10 Republikaner um die Nominierung ihrer Partei kämpfen. Ted Cruz, Jeb Bush und Marco Rubio sind Kandidaten, die grundsätzlich einen Anspruch auf die Nominierung anmelden und sicherlich realistische Chancen haben. In nahezu allen Prognosen liegt allerdings Medien- und Immobilienmogul Donald Trump vorne. In diesem Blog-Post beleuchten wir, wie Studierende der Politikwissenschaften den US-Wahlkampf in das Zentrum ihrer Bachelorarbeit stellen können und liefern drei Themenvorschläge.

Bachelorarbeit: Analyse der Twitter-Posts der GOP-Präsidentschaftskandidaten

Spätestens seitdem Barack Obama im Wahlkampf 2008 massiv auf die sozialen Medien zum Erreichen von Erstwählern und jungen Erwachsenen setzte, sind sämtliche Kandidaten sowohl der Demokraten als auch der Republikaner auf allen Online-Kanälen massiv repräsentiert. Egal ob Instagram, Twitter, Facebook oder Snapchat – die Kandidaten versuchen sämtliche Medien zu bespielen, um ihre Reichweite einfach zu vergrößern. Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist dies sehr dankbar, da es sehr viele neue Analysemöglichkeiten eröffnet. Im Rahmen einer Bachelorarbeit könnten Studierende sich beispielsweise damit befassen, die Twitter-Accounts ausgewählter republikanischer Präsidentschaftskandidaten zu analysieren.

Beispielsweise könnten die Tweets von Donald Trump, Ted Cruz, Marco Rubio und Jeb Bush verglichen werden. Ein erster Ansatz wäre es, die Nachrichten zu extrahieren und mit frei verfügbaren Tools zunächst einmal die gleichen Wörter zu zählen. Dies ist aber nur der erste Schritt. Anschließend müssen Wortgruppen gefunden werden. Dazu müssen einzelne Wörter klassifiziert werden. Anschließend lässt sich analysieren, wie sich die Häufigkeit bestimmter Wörter / Wortgruppen in zeitlicher Folge ändert und wie sich dies von Kandidat zu Kandidat unterscheidet. In Verbindung mit aktuellen Events (beispielsweise: San Bernadino Attentat, Paris-Anschläge, Supreme Court Entscheidungen etc.) lässt sich potentiell erkennen, wie die Rhetorik der einzelnen Kandidaten sich als Reaktion auf verschiedene Ereignisse ändert. Hieraus lassen sich möglicherweise sehr spannende Erkenntnisse ziehen, inwiefern bestimmte Kandidaten in ihrer Meinung fluktuieren bzw. wie flexibel ihre “Message” an das Elektorat ist. Eine Bachelorarbeit in diesem Bereich wäre nicht nur höchst aktuell, sondern würde an der spannenden Schnittstelle von Politik und sozialen Medien auch in einem akademisch sehr interessanten Bereich ansetzen.

Thema Bachelorarbeit: Das Recht auf freie Meinungsäußerung am Beispiel von Super PACs

Ein weiteres Thema welches in US-Wahlkämpfen stets große Relevanz hat, sind direkte Spenden an die Kampagne der Kandidaten. Es ist natürlichen Personen nur genehmigt, Spenden bis zu einer bestimmten Höhe direkt an die Kampagne zu tätigen. Die sogenannten “grassroots”-Spenden können zwar auch große Volumina erreichen – und waren in beiden Wahlkämpfen von Barack Obama auch ein entscheidender Faktor – allerdings ist allein das Erreichen möglicher Spender bereits mit hohen Kosten verbunden, sodass ein großer Teil der eingeworbenen Spenden direkt in die Akquise neuer Unterstützer geht. Die Anzahl der Inidividualspenden ist somit eher ein politisches Asset, um die Verankerung der Kampagne und die öffentliche Unterstützung wirkungsvoll zu untermalen. Als wirkliche Finanzierungsquelle dienen aber primär die Spenden von wohlhabenden Geschäftsleuten.

Die Finanizeriung von Wahlkämpfen läuft in Amerika sehr interessant ab. So gibt es beispielsweise Political Action Committees (PAC), die nur dafür bestimmt sind, die Wahlkampagnen bestimmter Kandidaten finanziell zu unterstützen. Durch Supreme Court Entscheidungen (inbesondere Citizens United v. Federal Election Commission) haben sich ebenfalls sogenannte Super PACs etabliert. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie unbegrenzt viele und hohe Spenden von Unternehmen und Einzelpersonen annehmen dürfen. Rechtlich darf das Geld jedoch nicht direkt an die Kampagne des Kandidaten zur Verwendung weitergeleitet werden. Vielmehr kann der Super PAC “eigenständig” bestimmte Kandidaten unterstützen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist tatsächlich das Fundament dieser Regelung. Im Rahmen einer Bachelorarbeit in der Politikwissenschaft würde es sich anbieten, hier die Struktur einzelner Super PACs unter die Lupe zu nehmen und zu schauen, wie diese sich im Wahlkampf positionieren.

Bachelorarbeit Thema: Muslime & Medien in Amerika – eine Diskursanalyse

Für eine Bachelorarbeit in den Politikwissenschaften geben aber auch die jüngsten Entwicklungen im US-Wahlkampf reichlich Ansatzpunkte. So hat Donald Trump, der in den Prognosen für die relevanten Bundestaaten für die Vorwahlen meist einen sehr großen Vorsprung auf seinen Verfolger aufweist, vor einigen Tagen einen recht seltsamen Vorschlag unterbreitet: Er forder t, dass sämtlichen Muslimen die Einreise in die USA bis auf weiteres verboten werden solle, da nicht sicherzustellen sei, dass diese keine Sympathien für den radikalen Islamismus hegen. Trumps Vorschlag ist eine direkte Reaktion auf die grausamen Anschläge in Paris, die von ISIS-Sympathisanten geplant und durchgeführt wurden und das Attentat in San Bernadino, dessen Drahtzieher ebenfalls ISIS zuzuordnen sind. Trump selbst behauptet, die Zeit für “politisch korrekte” Sprache sei vorbei, da sich Amerika realen Gefahren ausgesetzt sehe.

Aus politikwissenschaftlicher Perspektive wäre es sehr spannend zu verstehen, wie differenziert das Verständnis von Islam, Islamisten und ISIS in der öffentlichen Debatte tatsächlich ist. Dazu könnten Studierende der Politikwissenschaften in der Bachelorarbeit beispielsweise die Kommentare verschiedener Nutzer auf der Facebook-Seite von Donald Trump analysieren. Oder eine Analyse der Berichterstattung in den US-Medien durchführen. Auch wenn die Daten natürlich nicht repräsentativ sein können, so geben sie jeglicher Analyse natürlich einen guten “Twist”. Angereichert werden kann eine solche Analyse auch durch Interviews mit Experten aus Medien und Politik. So kann eine spannende Bachelorarbeit entstehen, die sich sowohl mit einem aktuellen Thema befasst, aber auch darüber hinaus interessante Einblicke in die Dynamiken der öffentlichen Meinung geben kann.